2002 oltmann

2002 • Malerei

Sigrid Oltmann

Bad Gottleuba 1942 - Quakenbrück 2014



Sigrid Oltmann

"Der größte Vorzug eines Bildes ist es, den Augen ein Fest zu bieten". Dieses Zitat des französischen Revolutionsmalers Eugène Delacroix hat Sigrid Oltmann als Motto an die Wand ihres Ateliers geschrieben. In ihren Stillleben setzt sie die Devise um, geht aber auch immer wieder bewusst über den schönen Schein hinaus. Als Vorbilder nennt sie die spanischen und holländischen Stilllebenmaler L.E. Mendez, J. Sanchez-Cotan, F. de Zurbaran, J.D. de Heem. Aber auch die Jüngeren, die Zeitgenossen unter den spanischen Stilllebenmalern, finden ihre Bewunderung. Hinzu kommen Vorlieben für C.D. Friedrich und M. Ernst, für die pittura metafisica und da ganz besonders Werke von de Chirico und Morandi.

Anton Merk, der Leiter des Museums Schloss Philippsruhe in Hanau, sieht noch weitere Anklänge: "Die Bildfindungen entstehen in dem Spannungsfeld Stilllebenmalerei des 17. Jahrhundert, Surrealismus, pittura metafisica und dem lateinamerikanischen Realismus einer Frida Kahlo und eines Diego Rivera; sie bauen auf diesen Grundlagen auf, kommen aber zu vollkommen eigenen spezifischen Lösungen."

Wesentlicher thematischer Schwerpunkt ist — neben dem ausgeprägten Beschäftigen mit der Situation der Frau, der Künstlerin und damit sich selbst, was sie wiederum mit Frida Kahlo verbindet -, das fragile Verhältnis von Mensch und Natur.

"Dieser zeitkritische Ansatz ist Ausgangspunkt für den persönlich geprägten Umgang mit der Umwelt", interpretiert Sabine Jung 1996 in einem Aufsatz. Sie führt die Sensibilität Oltmanns unter anderem auf ihre Kindheitserfahrungen zurück.

1942 in Bad Gottleuba im Erzgebirge geboren, verbringt sie ihre ersten Lebensjahre weitab von Urbanität in einem Forsthaus. In der Abgeschiedenheit, umgeben von Pflanzen und Tieren, hat sie viel gemalt: ohne Anleitung und mit den im Haushalt verfügbaren Materialien wie Bleistift, Kuli, Buntstiften und Wasserfarben. Landrat Karl Eyerkaufer schlussfolgert in seiner Laudatio: "Sie hat sich das Malen selbst beigebracht, ohne Vorbilder und Beeinflussung, und wollte Malerin werden."

Doch zunächst verläuft alles anders, denn sie wird Bildhauerin. Von 1961 bis 1963 studiert sie an der Hochschule für Design in Münster, Westfalen, von 1964 bis 1966 besucht sie die Meisterschule für das Kunsthandwerk und Design in Berlin und schließt mit Diplom ab. Anschließend geht sie als Kunsterzieherin in den Schuldienst und unterrichtet bis 1970 in Westfalen und Niedersachsen. Als freischaffende Bildhauerin beteiligt sie sich in der gleichen Zeit an Wettbewerben zur "Kunst im öffentlichen Raum" und gewinnt Preise.

Zwischen 1970 und 1981 hält sie sich mit ihrem Mann längere Zeit in Afrika, Asien, Südamerika und im Vorderen Orient auf. Im Ausland, weit weg vom Diktum der aktuellen europäischen Kunstszene, aber auch sozial isoliert und räumlich beengt lebend, beginnt Sigrid Oltmann endlich wieder zu malen.

"Die Stillleben werden in dieser Situation zum Spiegel ihres Lebens."

In Chile, wo sie sich von 1970 bis 1976 aufhält, kommt ihr dann zum erstenmal die Anerkennung zu, die sie so lange vermisst hat. In der Ausstellung, die 1976 im Museo de Bella Artes in Santiago stattfindet, kann sie, bis auf eines, alle Exponate verkaufen und die Kunstkritik befindet, sie sei ".. .eine jener beharrlichen Deutschen Stilllebenmaler, die etwas zu sagen haben und die in ihren Bildern eine sehr persönliche, intime Realität reflektieren."

Nachdem das Paar mit dem inzwischen 3-jährigen Sohn nach Deutschland zurückgekehrt ist, engagiert sich Sigrid Oltmann im Berufverband Bildender Künstler Osnabrück, übernimmt 1985 den Vorsitz und erweitert den Verband bis ins Emsland hinein. Sie ist Landes- und Bundesdelegierte und Mitherausgeberin von Katalogen und Publikationen zur Kunst der Region.

1989 zieht die Familie nach Schöneck-Büdesheim. Sigrid Oltmann beschließt, die Phase ehrenamtlichen, gesellschaftlichen Engagements zu beenden und sich ausschließlich der Malerei zu verpflichten.

Obschon sie sich weiterhin in sehr moderner, aktueller Weise mit dem so oft totgesagten Metier des Stilllebens befasst, in ihre Arbeiten Elemente des phantastischen Realismus einfließen lässt, Harmonie zerstört, Beschädigungen thematisiert, hat sie ungeahnte Erfolge: bis 2002 bestreitet sie eine Vielzahl von Einzelausstellungen, beteiligt sich an Gruppenausstellungen, über zwanzig Gemälde von ihr sind von öffentlichen Sammlungen angekauft worden.