Norbert Wöller
Nein, der Vater von Käpt’n Blaubär sei er nicht, sondern Vater von drei Kindern, was viel mehr wert sei, betont Norbert Wöller. Allerdings verleiht der Puppenspieler dem Seebären aus der "Sendung mit der Maus" seine unverwechselbaren Bewegungen, die Stimme gibt ihm der Schauspieler Wolfgang Völz und Erfinder der Figur ist der Cartoonist Walter Moers.
Neben dem Lügenbold Blaubär, der als Aufzeichnung beim WDR produziert wird, war Norbert Wöller auch live im Fernsehen zu erleben. In Baden-Baden wurde für den Kinderkanal die Sendung "Philipps Tierstunde" gedreht, in der Wöller der Maus Philipp Gestalt gab.
"Das Drehen macht total viel Spaß," betont der Figurenspieler, dennoch würde er sich immer für das Theaterspiel entscheiden, wenn er wählen müsste, weil das Theater pur ist, weil der Spieler die Reaktionen des Publikums direkt und ohne Filter erlebt. So bleiben die TV-Produktionen bisher nur so etwas wie "ein zweites Standbein" im Berufsleben von Norbert Wöller, Priorität hat die Bühne. 150 Aufführungen spielt er pro Jahr, drei Monate ist er mit seinem "Offenbacher Figurentheater" on the road.
Das Repertoire umfasst zehn Inszenierungen, eine Programm-Trilogie enthält die Stücke "Drei Freunde", "Die Fidelgrille und der Maulwurf" und "Der alte Mann und der Bär". Zwei Vorlagen stammen von Janosch, eine von Helme Heine, ein Stück mit dem Titel "Pi-Ratten" hat Wöller selbst geschrieben. War man zu Anfang zu viert, geht das Unternehmen heute nur noch mit zwei Personen auf Tournee: Wöller — in Personalunion Impresario, Prinzipal, Moderator und Akteur — und ein Techniker.
Wichtigster Mann im Hintergrund ist der Puppenbauer Arne Bustorff aus Kiel, der ihm nach seinen Ideen Marionetten, Hand-, Tisch-, Stab-, Klappmaul-, Groß- und Ganzkörperfiguren konstruiert. Einen besonderen Stil und eine sehr eigene Aufführungspraxis hat er seit 1990 mit den Tischfiguren erarbeitet. Das sind Schlenkerpuppen mit beweglichen Köpfen und Gliedern, die er mit einer Hand an der Rückseite hält; als Bühne dient ihm ein Tisch, hinter dem er sitzend oder stehend mit seinen Kreationen agiert. Oft beginnt er, in dem er einen Dialog mit ihnen — zuweilen auch mit dem Publikum — führt, im Spielverlauf tritt er dann als Person immer mehr zurück und wird zum Medium.
Zum Figurenspiel ist Norbert Wöller erst auf Umwegen gekommen. 1958 in Heusenstamm bei Offenbach geboren, beginnt er nach dem Realabschluss eine Lehre als Elektroniker, sattelt um, erlernt das Schreinerhandwerk und schließt die Ausbildung 1978 mit der Gesellenprüfung ab. Er wird Tischler in der Requisitenabteilung der Städtischen Bühnen Frankfurt und erlebt dort die Inszenierung von Igor Strawinskys Ballett "Petruschka", in dem Puppen zum Leben erweckt werden. Norbert Wöller ist fasziniert und weiß nun, was er unbedingt werden will: Puppenspieler.
Er nimmt Kontakt zu Karl Magersuppe, dem Gründungsvater der "Holzköppe" in Steinau an der Straße, auf, kann aber eine Stelle dort nicht antreten, weil er zunächst seinen Zivildienst ableisten muss. Danach gründet er seine eigene Gruppe, die "Butzlumbe", ein Marionettentheater, das politisch-agitatorisch arbeitet und vehement emanzipatorische Inhalte vermittelt.
Seit 1991 ist Norbert Wöller mit seiner Familie in Hasselroth zu Hause, ein Domizil, das heißt: eine Aufführungsstätte für sein Offenbacher Figurentheater hat er dort nicht. Die Alte Zehntscheune von Neuenhaßlau war dafür einmal im Gespräch, aber aus den Plänen wurde mangels Fördermitteln nichts Konkretes …