2013 fingerhut

2013 • Theater

Dr. Monika Fingerhut

Jossgrund 1963

Am Mathes Ellerberg 2 • 63637 Jossgrund

E-Mail: moni.fingerhut@t-online.de



Dr. Monika Fingerhut

"Ich freu mich persönlich sehr, dass die Kulturpreis-Jury in diesem Jahr einen Sonderpreis ausgelobt hat. Denn auf diese Weise darf ich eine Person würdigen, die ich seit vielen Jahren kenne und schätze. Ihr kulturelles und künstlerisches Schaffen ist außergewöhnlich und originell. Menschen wie Dr. Monika Fingerhut verdienen unsere Anerkennung, denn sie sorgen für ein lebendiges Miteinander und bereichern unseren Main-Kinzig-Kreis.

Unsere diesjährige Sonderpreisträgerin findet man oft in der Oberndorfer „Fabrik”. Wenn sie selbst das Kulturzentrum im Jossgrund beschreibt, dann hört sich das so an: „Der Saal bietet Platz für 99 Personen, die Bühne ist 35 Quadratmeter groß. Einen Raum haben wir für Requisiten, einen für Technik und einen kleinen Aufenthaltsbereich gibt es hinter der Bühne.” Der Name für diese Theater-Räume erinnert an die Vergangenheit des Gebäudes: erst Zigarrenfabrik, dann Kleiderfertigung, anschließend stellte man darin Schreibmaschinenteile her und schließlich war es die Auslagerung einer Gelnhäuser Gummifabrik. Nun ist es also ein Ort für Kleinkunst und Theater. Klein, eng, aber gemütlich. Hier finden die Aufführungen der Theatergruppe Inkognito statt, die Vorstellungen der Kinder- und Jugendtheatergruppen, zahlreiche Gastspiele auswärtiger Künstler und Künstlerinnen. Hier wird geübt und geprobt, experimentiert und gearbeitet. Die Ergebnisse sind immer wieder beeindruckend. Dazu sagt Monika Fingerhut: „Je bescheidener die zur Verfügung stehenden Mittel, desto kreativer wird man!”.

Man spürt, dass sie gemeinsam mit ihren Vereinsfreunden viel Herzblut und Eifer in diese „Fabrik” gesteckt hat. Die gebürtige Jossgründerin ist nach Studiumsaufenthalten in Würzburg und Frankfurt gerne wieder zurück in den Spessart gekehrt. Hier wurde eine Bühne geschaffen, auf der die kulturellen Kräfte ihrer Heimat gebündelt, geformt und präsentiert werden können. Und schon der Weg zu diesem Kulturzentrum erforderte besonderen Einsatz. Doch die Mühen und Plagen der jahrelangen Umbauarbeiten waren es wert, sagt unsere Preisträgerin.

Arme hochkrempeln und Anpacken – das Ziel nicht aus den Augen verlieren – Stärken erkennen und fördern – Begeisterung leben und andere davon anstecken: Das sind Leitsätze, ohne die eine ehrenamtliche Arbeit in solchem Umfang undenkbar wäre. Es sind zugleich Prinzipien, denen sich Monika Fingerhut auch künstlerisch verpflichtet fühlt: als Schauspielerin, als Regisseurin, als Spielleiterin und Autorin. Und das bei weitem nicht nur in der Gemeinde Jossgrund. Bei Inkognito erleben wir sie in vielen tragenden Rollen: als geschwätzige Tante Anna, als geisterbeschwörende Madame Arcati, als engagierte Pädagogin Frau Müller oder als streitsüchtiger Pinguin Wolfram. Sie spielt außerdem auf Burg Schwarzenfels und in Gelnhausen. Dort wird sie geprägt von der straffen Regie des Kulturpreisträgers Günther Keim. Eine andere Persönlichkeit, die großen Einfluss auf ihr künstlerisches Wirken hat, ist Barbara Zorn, die langjährige Hessische Landesvorsitzende im Bund Deutscher Amateurtheater. Unter Zorns Leitung absolviert Fingerhut zahlreiche Aus- und Fortbildungen in Schauspiel, Regie und Theaterpädagogik.

Als Regisseurin wagt sich Monika Fingerhut gerne an Klassiker heran, zum Beispiel von Friedrich Dürrenmatt oder Kurt Götz. Sie spannt jedoch auch den Bogen zu modernen Stücken von Lutz Hübner, Ulrich Hub oder Kristof Magnusson. Wenn sich solche Stücke heute im Spielplan mancher Profibühnen befinden, dann kommentiert sie dies augenzwinkernd mit: „Bei uns im Main-Kinzig-Kreis ist das schon lange abgespielt…”

Zu ihren Höhepunkten zählt die Freilichtinszenierung vom „Wirtshaus im Spessart”, die 1998 im historischen Burghof in Burgjoss aufgeführt wurde. Die Textfassung von Monika Fingerhut war dann auch die Vorlage für die spätere Holzhof-Version in Bad Orb. Ein weiteres Glanzlicht: Das Tanztheater „Emil und die Detektive”, bei dem unter ihrer Leitung über 100 Personen im Alter von 7 bis 53 Jahren mitwirkten.

Junge Leute an das Theater heranzuführen und in ihnen eine Leidenschaft für die darstellende Kunst zu entfachen, ist ein großes Anliegen unserer Sonderpreisträgerin. Seit dem Jahr 2006 ist sie im Jossgrund für die Nachwuchsarbeit zuständig, ein Jahr später übernimmt sie dazu die Kinder und Jugendlichen der Theatergruppe Salmünster. In der Grundschule in Kerbersdorf gibt sie als Nachfolgerin von Kulturpreisträger Diethard Wies Theaterunterricht im Klassenraum oder im Saal einer alten Gaststätte nebenan. Mit Märchenbearbeitungen, Jugendklassikern oder gar einer mittelalterlichen Stadtführung von Kindern für Kinder sorgt sie für Projekte, die überregional mit Begeisterung aufgenommen werden. Für neue Kinder- und Jugendtheater-Produktionen müssen mittlerweile Wartelisten geführt werden – so groß ist das Interesse der jungen Nachwuchstalente. Mehr als 80 Kinder und Jugendliche sind bereits durch die „Fingerhut-Schule” gegangen.

Mit Geschick und Leidenschaft weiß Monika Fingerhut zu begeistern und die Talente zu fördern. Nachhaltigkeit ist hier das Stichwort: Es sind keine Eintagsfliegen, die da über die Bühne schwirren! In den jungen Schauspielern wird oftmals ein Feuer entflammt, sodass sie über Jahre hinweg gespannt auf neue Produktionen sind und fleißig ihre Texte, Gesten und Laufwege lernen. Darüber hinaus beschäftigen sich die jungen Menschen inhaltlich mit Theater-Werken und trainieren Sprech- und Atemtechnik, Körperhaltung und Ausdruckskraft. Fingerhut begeistert! Sie ist nicht salbungsvoll, aber ehrlich, direkt und gradlinig. Sie findet eine gute Mischung zwischen Spaß und Strenge. Dies spüren ihre jungen Darsteller und sind dankbar dafür „Ich bin emotional dabei und es gehen mit mir auch manchmal die Gäule durch! Da bin ich wie Jürgen Klopp”, sagt Fingerhut – halb entschuldigend. Elisabetha Ramirez-Ponce, eine ihrer jugendlichen Darstellerinnen, entgegnet: „Für mich ist Monika die beste Regisseurin, die man haben kann. Keiner von uns will aufhören. Woran das wohl liegen mag???”

Aber nicht nur mit jungen Menschen bewegt Monika Fingerhut Vieles. Es sind auch die Älteren, die sie mit ihrem künstlerischen Elan und ihrem pädagogischen Eifer mitreißt. Seit einigen Jahren ist sie in einem Arbeitskreis vertreten, dessen Ziel es ist, das Seniorentheater in Deutschland in seiner kulturellen und sozialen Bedeutung herauszustellen und zu fördern. Im Besonderen hat sie sich dem Erinnerungstheater verschrieben. Als zertifizierte Gedächtnistrainerin leitet sie im Altenzentrum Rodenbach eine Theatergruppe. Im Frühjahr diesen Jahres führt sie dort außerdem ein Kreativprojekt durch, das seines gleichen sucht: „Die Zeitreise geht weiter…”. Die bis zu 97 Jahre alten Senioren beschäftigen sich hier kreativ mit der Frage „Was haben wir nicht alles erlebt?!”. Dabei entstehen rund 40 Kunstwerke. Die Bewohner können ihre ganz persönlichen Stärken ausleben. Sie lernen dabei, auch ungewöhnliche Materialien und Werkstoffe in den Arbeitsprozess einzubeziehen: zum Beispiel geschnorrte Zigaretten, Bauschaum und alte Handtücher. Sie dürfen erfahren, dass ihre Erinnerungen geschätzt und gewürdigt werden und dass sie nicht nur „zum alten Eisen” gehören. Ihrer künstlerischen Leiterin Monika Fingerhut danken sie das mit bemerkenswertem Einsatz und voller Konzentration.

Dass solche Projekte nicht nur eine künstlerische Herausforderung darstellen, sondern auch von hohem sozialen Wert sind, sollte unterstrichen werden. Monika Fingerhut sorgt damit bundesweit für Aufsehen: Vor wenigen Tagen wurde bekannt gegeben, dass das Altenzentrum Rodenbach mit „Die Zeitreise geht weiter…” zum Sieger des Wettbewerbes „Low-Hanging-Fruits in der kommunalen Altenhilfe” gekürt wird. Dieser Wettbewerb wurde vom Bundesverband der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen ausgeschrieben. Rodenbach rangiert somit an erster Stelle – vor Köln, Eschborn und Leipzig."

Die Laudatio hielt
Erich Pipa
Landrat