Page 96 - MKK Kulturpreisträger 25 Jahre Katalog
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1997 Günther Keim Gunzenhausen 1956Weltentheater mit Sphären- klängen und eurhytmischem Tanz, Volkstheater mit burlesken Rüpe- leien, Amateurtheater mit Aufsage- charakter und affektiertem Pathos sowie ganz intime und zu Herzen gehende Szenen erleben die Zu- schauerinnen und Zuschauer, die seit 1987 zur Sommerzeit auf die Burg Schwarzenfels im Sinntal strö- men. Initiator der Spektakel und ihr künstlerischer Leiter ist Günther Keim, der mit einem ausgeklügelten logistischen Konzept, mit anthro- posophisch geprägtem Intellekt und dem Impetus eines passionierten Regisseurs Klassiker der Weltlitera- tur in den Bergwinkel bringt.Seine Akteure sind bis auf wenige Ausnahmen Amateure, Orts- ansässige aus den umliegenden Ortschaften im Alter zwischen sechs und 60 Jahren und jugendliche Patientinnen und Patienten der Heil- und Lebensstätte Friedrich Daumer. Wer Günther Keim zuhört, wenn er ein Regiekonzept entwirft, wer ihn beobachtet, wenn er inszeniert, der erlebt einen fanatischen Theater- menschen, von dem man annehmen würde, dass er aus einem musisch- geprägten Elternhaus käme und dessen Kinderjahre bereits von Theaterluft bestimmt waren.Das Gegenteil ist der Fall und die Schilderung seiner ersten Lebensjahre liest sich, als stamme sie aus dem 19. Jahrhundert. Er wächst bis zu seiner Schulzeit auf einem Einödhof, umgeben vonWald, ohne Strom und fließendes Wasser, auf. Das Leben wird bestimmt vom jahreszeitlichen Wechsel der Natur und den entsprechenden Auf- gaben in der Landwirtschaft. Die Grundbedürfnisse des Alltags in Einklang mit der Natur zu bringen, ist eine Selbstverständlichkeit. Erst mit der Einschulung in Uffenheim wird die Umwelt neu entdeckt. Mit sieben Jahren will Günther Keim Schriftsteller werden, danach Maler, ab 1980 weiß er, dass er alles daran- setzen würde, die Bretter, die die Welt bedeuten, zu betreten.Das erste Theaterprojekt, an dem er mitwirkt, ist „Kaspar Hauser in Treblinka“, damals ist er 23 Jahre alt. 1980 – 1984 bildet er sich in Deutschland und in der Schweiz als Schauspieler und Regisseur aus. Anschließend ist er am Goetheanum, zwischen 1984 und 1986 folgen freie Rollenengagements und Regie- aufgaben als auch Tätigkeiten als Dozent in der Erwachsenenbildung, in der Jugendarbeit und in der Drogentherapie.Als er von der Heil- und Lebens- stätte Friedrich Daumer eingeladen wird, in Schwarzenfels einen schau- spieltherapeutischen Intensivkurs zu geben, ist dies der Anfang für die Theaterprojekte auf der Burg. 1986 findet in den historischen Kulissen die Premiere von „Die Jungfrau von Orleans“ statt, 1989 folgt „Faust I“, 1990 „Zanoni“. „Zanoni“ entwickelt Keim in Gestalt eines Curriculums für Studenten einer Fachschule, die9625 JAHRE KULTURPREIS DES MAIN-KINZIG-KREISES


































































































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