Page 83 - MKK Kulturpreisträger 25 Jahre Katalog
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Benjamin BaumannHanau 1969An dem Tag, als die Mensch- heit Neil Armstrongs erste tapsige Schritte auf dem Mond verfolgte, erblickt Benjamin Baumann das Licht der Welt. Das ist am 21. Juli 1969. Der Erdtrabant ist sein „guter Stern“ geblieben, so spektakulär wie sein Geburtsdatum ist auch sein bisheriges Leben fast aus- schließlich mit Spektakulärem geprägt: dem Theater.Benjamin Baumann ist mit seinem Bruder Daniel in einem Elternhaus aufgewachsen, das sich durch Toleranz, Offenherzigkeit, Kreativität und Expressionsfreude auszeichnet. Seine Eltern – der Vater Grafiker, die Mutter Gardero- biere –, melden den Kleinen statt in einem herkömmlichen Kinder- garten in der Kesselstädter Spiel- stube an, der einzigen nicht-auto- ritären Einrichtung damals in Hanau. Hier wird viel Wert auf spontanen, musischen Ausdruck1994gelegt und Benjamin liebt es beson- ders sich zu verkleiden und in an- dere Rollen zu schlüpfen. Während der Grundschulzeit rücken Hand- puppen, Schattenfiguren und Marionetten in den Vordergrund, die er selbst bastelt. Dass er sich heute zum Beruf des Regisseurs hingezogen fühlt, empfindet erals naheliegend, denn da schiebe er ja auch Figuren hin und her ...Mit Freunden zieht er eine kleine Truppe auf und inszeniert mit ihnen im dritten Schuljahr ein Märchen, das sie in Kinder- gärten aufführen. Überregional gelingt ihm der Durchbruch beim Kinderfest im Park von Wilhelms- bad, das der Hessische Rundfunk veranstaltet. In einer von Desirée Nosbusch moderierten Zirkusvor- stellung, die im Fernsehen über- tragen wird, baumelt der Elfjährige waghalsig am Trapez. Angestachelt von diesem Debut, stellt er wenig später den Kinderzirkus Raselliauf die Beine. 14 Kinder im Alter zwischen acht und 14 Jahren – darunter viele ehemalige Kinder- laden-Kumpel und deren Geschwis- ter – bieten im Comoedienhaus Wilhelmsbad eine Show mit Ballett, Jonglage, Akrobatik und Magie,die an Charme und Perfektion an André Hellers Produktionen von FlicFlac und Roncalli erinnern. Impresario, Masken- und Kostüm- bildner, Regisseur und Hauptdar- steller: Tausendsassa Baumann. Nach einem Exkurs ins Volkstheater während seiner Zeit auf der Inte-grierten Gesamtschule in Bruch- köbel gründet er später als Pennäler am Lichtenberg-Oberstufen-Gym- nasium eine lehrerunabhängige Theater-AG und inszeniert mit 15 bis 30 Mitschülerinnen und Mit- schülern psychologische Melodra- men und Mysteries. Die Gruppe konstituiert sich als „Junges Pro- jekttheater“ und bleibt auch nach dem Abitur zusammen, insgesamt bringen sie bis 1993 sechs Schau- spiele heraus. Nach dem Zivildienst beginnt Baumann in Frankfurt Germanistik und Kunstpädagogik zu studieren und wechselt dann jedoch zu den Theater-, Film- und Medienwissenschaften. Nebenher nimmt er Gesangs-, Schauspiel- und Tanzunterricht.Mit der Einstudierung der Musical-Show „Moments of Broad- way“ versucht er 1993 zum ersten- mal neu erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten auf der Bühne ein- zusetzen. Mittlerweile hat er nicht nur als Darsteller in „Evita“ auf der Badischen Landesbühne in Bruch- sal gestanden, sondern hat selbst den „Kleinen Horrorladen“, „Eating Raoul“ und „Snoopy“ inszeniert und mit seinen Produktionen von „Non(n)sense“ und „Schwester Amnesias Country- und Western- Show“ großes Aufsehen erregt. Seit der Premiere im November 1995 ist „Non(n)sense“ ein Renner und Kassenschlager und gilt als erfolgreichste, deutschsprachige Version von Dan Goggins Nonnen- spektakel.8325 JAHRE KULTURPREIS DES MAIN-KINZIG-KREISES