Page 120 - MKK Kulturpreisträger 25 Jahre Katalog
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2001 Hans Ticha Tetschen-Bodenbach 1940„Handwerkliche Solidität, Experi- mentierfreude, originelle Bildfindungen und konzeptionelle Konsequenz“ zeichnen laut Hiltrud Lübbert das künstlerische Schaffen von Hans Ticha aus. Weiter schreibt sie in ihrem Vorwort zu Tichas „Werkver- zeichnis 1969 – 2000“: „Sein illus- tratives Werk ist bis zum Jahr 2000 auf 83 Titel illustrierter Bücher an- gewachsen, 64 Umschlaggestaltungen, mindestens 36 Illustrationsbeteili- gungen – ein Ergebnis streng geprüfter Ideen, langer, engagierter Arbeit...“Preise und Ehrungen illustrieren die 30jährige Künstlerkarriere Tichas. Seine erste Anerkennung bekommt er bereits 1961 – damals noch „Laienkünstler“ und Lehrer- student. Dem Kunstpreisträgerdes FDGB wird von der offiziellen DDR-Kulturkritik „vollkommene Einheit von Bild, Schrift und Farb- gebung“ bescheinigt. Es folgen 1972 und 1973 – in seinen ersten Berufsjahren – gleich zwei Nen- nungen für das „Schönste Buch der DDR“ für „Skurrile Skizzen“ und „Geschichten aus der Murkelei“. Mittlerweile kann der Künstler auf 25 Titel verweisen, die als „Schön- stes Buch des Jahres“ ausgezeichnet wurden, außerdem werden elf „Schönste Buchumschläge“ prä- miert. 1982 erhält er die Silber- medaille der Internationalen Buch- ausstellung Leipzig für „Branstner, Buch der Heiterkeit“, 1989 das Ehrendiplom der Internationalen Buchausstellung Leipzig für „Eene, meene Muh ...“ und „Hampelmannsucht Hampelfrau“. Für das Buch „Brecht, Flüchtlingsgespräche“ erringt er die Silbermedaille in der Kategorie der „Schönsten Bücher der Welt“ sowie den Walter- Tiemann-Preis. Zuletzt ehrt ihn die Stiftung Buchkunst im Jahr 2000 mit dem 3. Preis für das Werk „Ernst Jandl – Aus dem wirklichen Leben“.Hans Ticha wird im böhmischen Tetschen-Bodenbach geboren und wächst in dem Industriestädtchen Schkeuditz in der Nähe von Leipzig auf. 1953 organisieren dort drei ortsansässige Künstler eine Aus- stellung mit Arbeiten aller Maler, die in den letzten Jahrhunderten von hier gekommen sind. Der heranwachsende Ticha, der in seiner Freizeit viel malt und zeichnet, besucht die Ausstellung und schließt sich vor Ort Volkshochschulkursen, die wenig später in „Zirkel für künstlerisches Volksschaffen“ um- benannt werden, an. Ticha hat,wie ein Teil der Kollegen seiner Generation, in solchen Gruppen seine ersten künstlerischen Schritte unternommen.Nach dem Abitur studiert er Kunsterziehung und Geschichte an der Leipziger Universität, verbringt zwei Jahre im Lehramt und be- schließt, nachdem er auch noch den Militärdienst absolviert hat, sichzur Aufnahmeprüfung an der Kunst- hochschule für bildende und ange- wandte Kunst in Berlin-Weißensee zu melden.Diese Hochschule war nach dem 2. Weltkrieg organisatorisch nach dem Vorbild des Bauhauses gegründet worden. Ticha wird auf- genommen, allerdings zunächstin der Malklasse, und studiert Malerei und Graphik bei den Professoren Klaus Wittkugel, Werner Klemke, Arno Mohr und Kurt Robbel. 1970 erhält er sein Diplom und wird Mitglied im „Verband bildender Künstler“. Bis 1990 lebt und arbeitet er als freischaffender Maler und Illustrator in Berlin (Ost).Seine Malerei ist geprägt von seinem Vorbild Fernand Léger und ist beeinflusst von den Bauhaus- Malern sowie den russischen Kon- struktivisten. Über die Kunstent- wicklung im Westen nach 1945 weiß er bis Ende der 1970er Jahre nichts, später verschafft er sich bruchstückweise Kenntnisse über Du-Mont-Taschenbücher und inter- essiert sich für Pop-Art. Während sich die Vertreter derUS-amerikani- schen und westeuropäischen Pop- Art-Szene kritisch-ironisch mit der Ästhetik der kapitalistischen Kon- sumwelt befassen, benutzt Ticha die Stilmittel, um sich mit der sozialis- tischen Propaganda-Bilderwelt aus- einander zu setzen. Den revolu- tionären Begriff „Agit-Prop“ variiert er zu „Agit-Pop“, er gilt als der ein- zige Pop-Art Künstler der DDR.Nach dem Fall der Mauer über- siedelt er zunächst nach Mainz, später nach Maintal, wo er in der Altstadt von Hochstadt eine Hof-12025 JAHRE KULTURPREIS DES MAIN-KINZIG-KREISES


































































































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