Page 118 - MKK Kulturpreisträger 25 Jahre Katalog
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2001 Elfriede Kleinhans Breitenbach 1928„Märchen strahlen heilende Kräfte aus, wenn man nicht nur die Ohren, sondern auch das Herz öffnet, sich ganz auf sie einlässt,“ behauptet Elfriede Kleinhans. Ihr Credo basiert auf lebenslangen Erfahrungen: „Ich selber bin mit Märchen aufgewachsen. Mein Vater war ein begnadeter Erzähler.“Er hat sich von seiner Familie mit dem Märchen „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ verabschie- det, als er in den 2. Weltkrieg ziehen musste. Aus Briefen seiner Mitge- fangenen in Russland weiß sie, dass er seine Leidensgefährten zwischen 1943 und 1946 mit Erzählstunden aufmunterte.In ihrem Buch „Märchen helfen leben“, belegt sie nicht nur literatur- geschichtlich die therapeutische Wirkung von Mythen und Märchen (an Beispielen von Plutarch, Kaiser Augustus und Wolfgang Amadeus Mozart), sondern auch in einer Viel- zahl von ergreifenden und erhel- lenden Episoden aus ihrer Zeit als Lehrerin und Märchengestalterin.Für den Spessart-Kongress 1995 in Bad Orb hat sie eine (nicht reprä- sentative) Erhebung mit der Frage- stellung „Märchen, brauchen wir die?“ gemacht. 250 Frauen im Alter zwischen 15 und 82 Jahren und 180 Männer im Alter zwischen 15 und 79 Jahren haben ihre detaillierten Fragen ausdrücklich bejaht, wobei die Zustimmungen zwischen 98,4 und 76,7 % schwanken, lediglich bei der Aussage „Taugen Märchen zur Lebensgestaltung?“ rutschten dieProzente bei Frauen auf 53,2 und bei Männern auf 36,7 % ab.Elfriede Kleinhans, in Breiten- bach, einem kleinen Dorf in der Nähe der Brüder-Grimm-Stadt Steinau, auf die Welt gekommen, studiert Pädagogik mit dem Schwerpunkt Psychologie und erwirbt zusätzliche Lehrbefähigungen in Musik und Religion. Sie unterrichtet 1950 – 1958 im Bergwinkel, leitet dort den gemischten Chor Breitenbach und eine Laienspielgruppe. In diesen Lebensabschnitt fallen außerdem ihre Heirat und die Geburt von Sohn und Tochter. Danach zieht die Familie in die Hanauer Gegend, von 1962 – 1977 unterrichtet Elfriede Kleinhans an der Pedro-Jung-Sonder- schule. „Hier kann sie die gesamte Palette von Schulchor, Instrumental- gruppe, Theater- und Rollenspiel im Unterricht einsetzen, ohne vom Lehr- plan allzu sehr eingeengt zu werden,“ formuliert Landrat Karl Eyerkaufer in seiner Laudatio zum Kultur- preis.Sie wird Mitarbeiterin im schulpsychologischen Dienst, über- regional gründet sie die Landes- arbeitsgruppe „Spiel in der Schule“ und fungiert zwei Jahre lang als stellvertretende Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft „Dar- stellendes Spiel in der Schule“. Ihre intensiven Bemühungen um verhaltensgestörte Kinder bringen sie immer konsequenter dazu, das Erzählen mit dem Spielen und Malen zu verbinden.Als zu den 200. Geburtstagen der Brüder Grimm 1985 und 1986 die Märchen stärker in den gesell- schaftlichen Mittelpunkt rücken, entschließt sich Elfriede Kleinhans zu einer Ausbildung bei der Mär- chenerzählerin Gertrud Hampel.Seit 1988 erzählt sie Märchen öffentlich für Kinder und Erwach- sene, führt Seminare und Workshops durch und hält in ganz Deutschland Vorträge. Ihre Erzählweise ist leben- dig, dem Text verpflichtet, aber nicht wortwörtlich und niemals kindertümelnd! Neuerdings reprä- sentiert sie ihre Heimat und ihr Können auch in politisch-kulturellen Missionen: im Partnerkreis des Main-Kinzig-Kreises, im ungarischen Komarom-Esztergom, hat sie deutsch- sprachigen Klassen vorgetragen, zusammen mit Dr. Lauer vom Brü- der-Grimm-Museum war sie eine Woche mit Lesungen auf Tour und auf der Expo 2000 in Hannoverhat sie im Hessen-Pavillon den Mär- chen der Brüder Grimm Gestalt verliehen.„Ich liebe Märchen,“ bekennt Elfriede Kleinhans, „ohne sie könnte ich mir das Leben nicht mehr vor- stellen.“11825 JAHRE KULTURPREIS DES MAIN-KINZIG-KREISES