Page 114 - MKK Kulturpreisträger 25 Jahre Katalog
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2000 Beate Thierling Hanau 1948Beate Thierling stammt aus einer musischen Familie. Kunst und Musik gehören zum Lebensall- tag, besonders geprägt durch ihre Mutter, die Malerin Hanna Walther. So ist es fast vorgegeben, dass sich die Gymnasiastin für den musischen Zweig der Karl-Rehbein-Schule entscheidet, überraschenderweise jedoch für den Schwerpunkt Musik. Trotz der Ermutigungen von Leh- rern und der Mama, einen künst- lerischen Beruf zu wählen, lässt sie sich zur medizinisch-technischen Assistentin ausbilden. Erst 1972, nach der Geburt der Tochter und Gründung der Künstlervereinigung „Pupille“, widmet sie sich ausschließ- lich der Malerei. Inzwischen ist sie seit mehr als 25 Jahren künstlerisch, pädagogisch und kulturpolitisch aktiv.Als Gründungs- und Vorstands- mitglied sowie als langjährige Vorsitzende hat sie das Konzept der „Pupille“ weitgehend beeinflusst mit unkonventionellen Ideen, inter- nationalen Kontakten und der spartenübergreifenden Einbeziehung von Literatur und Musik in dievon ihr arrangierten Ausstellungen. Soziale Aspekte sind dabei nicht unerheblich: Sie spendet Bilder für karitative Zwecke, sie vermittelt deutsche und ausländische Künstler, betreut und versorgt sie vor Ort und erledigt alle erdenklichen organi- satorischen Aufgaben für sie. Ihre Idee, zu jeder Ausstellung Gast- künstler von außerhalb einzuladen, trägt auch dazu bei, dass die Kunst-schaffenden der Region neue An- regungen erhalten und das interes- sierte Publikum überraschende Einblicke und ungewöhnliche Arbeits- weisen erleben können. In der von ihr ehrenamtlich geleiteten Galerie präsentiert sie Kolleginnen und Kollegen aus West- und Osteuropa, aus USA, Brasilien, Guatemala, mehreren Ländern Afrikas und dem Iran. Sie ist die erste Galeristin im Main-Kinzig-Kreis, die den Mut hat, Kunst von Kindern zu zeigen.Neben ihrer hingebungsvollen Arbeit als Lehrerin an der Jugend- Musik- und Kunst-Schule in Maintal seit mehr als 20 Jahren arbeitet sie mit Kindern und Erwachsenen in ihrem Atelier. Die Auseinanderset- zung mit Kindern macht ihr beson- ders viel Freude, wenn sie sieht,wie sie in den Kids mit Hilfe unter- schiedlicher Materialien das Schöpferische fördern kann.Für sich selbst bevorzugt siedie Technik der Collage. Oft lassen die geometrischen Formen auf impressionistische Stadtansichten oder Landschaften schließen. Doch es sind keine Topographien natür- licher oder urbaner Stätten, sondern eher geographische Charakteristika von Emotionen. Sie sagt von sich selbst, dass sie das Malen als medita- tiven Prozess betrachtet, um sichals Transzendentalistin von der Um- gebung abzulösen. Die Grenzüber- schreitungen materialisieren sich sodann in Collagen aus Fundstücken, Erden, Pigmenten und Acrylfarben.Ein wesentliches Element im Ent- stehungsprozess ist die Musik. Das heißt, ein Bild, insbesondere seine Farbigkeit, entsteht unter den Klän- gen von Musik, Farben werden zum Klingen und Töne zum Leuchten gebracht.Zur Zeit arbeitet sie an einem großen Collagen-Zyklus zu Musiken von Johann Strauss. Beate Thierling konnte ihre Arbeiten in 24 Einzel- und etwa 80 Gruppenausstellungen zeigen. Beim zweiwöchigen Ronne- burg-Symposion 1992 entwickeltsie ihr erstes Raumbild, dem andere Installationen folgten.Eine weitere wesentliche Kompo- nente in ihrem Schaffen bildet die Literatur. Im kreativen Zusammen- wirken mit ihrem Mann, dem Lyriker Dr. Manfred Thierling, hat sie 13 Gedicht-Bild-Bände herausgebracht. Mit Fug und Recht bekennt sie in der Danksagung für die Auszeich- nung mit dem Kulturpreis: „Ich kann sagen, dass ich die Idee, Kunst, Musik, Literatur und Tanzdarbietung unter einem Dach zu präsentieren, Schritt für Schritt verwirklichen konnte.“ Wobei sie selbst oft genug das Dach bietet, real und mental.11425 JAHRE KULTURPREIS DES MAIN-KINZIG-KREISES


































































































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