1988 rosemann

1988 • Puppenmuseum

Gertrud Rosemann

Kettwig 1922

 



Gertrud Rosemann

Gertrud Rosemann ist die einzige Museumsleiterin, die mit dem Kulturpreis ausgezeichnet worden ist. Als sie 1997 im Alter von 75 Jahren die Verantwortung für das Hessische Puppenmuseum an ihren Nachfolger übergibt, hat sie 66.700 ehrenamtliche Arbeitsstunden für die von ihr initiierte Institution abgeleistet. Während sich andere in diesem Alter bereits seit mehr als zehn Jahren im Ruhestand befinden, schätzt sie sich glücklich, 70 bis 80 Wochenstunden arbeiten zu können.

Angefangen hat alles Mitte der 1960er Jahre, als der Jüngste der vier Söhne von Gertrud Rosemann beginnt, sein "Wunschhaus" in Gestalt eines Puppenhauses zu konstruieren. Gemeinsam mit der Mama hat der Filius gewerkelt, geschreinert und genäht. Als den jungen Bauherren irgendwann die Lust verlässt, wechselt die Immobilie vom Kinderzimmer auf den mütterlichen Schreibtisch. Fortan ist das Puppenhaus Gertrud Rosemanns "Spielzeug" und sie beginnt sich zu Weihnachten und Geburtstag Zubehör zu wünschen. Seit 1983 gehört die Villa zum festen Bestand des Hessischen Puppenmuseums und wird monatlich wechselnd dekoriert.

So luxuriös wie in der Spielzeug-Villa hat Gertrud Rosemann nie gelebt. 1922 geboren, wächst sie in einfachen Verhältnissen in Wuppertal auf. Nach dem Abitur geht sie zum Studium nach Koblenz und wird nach dem Staatsexamen 1943 in einer Volksschule in den Masuren eingesetzt. Als die Front 1945 näher rückt, schließt sie sich dem Flüchtlingstreck an und gerät in russische Kriegsgefangenschaft, aus der sie 1948 entlassen wird. Am 1. Mai 1949 tritt sie in Wuppertal wieder in den Schuldienst und absolviert wenig später ihr zweites Staatsexamen.

Bis zu ihrer Pensionierung 1985 ist sie als Lehrerin tätig, pausiert hat sie lediglich von 1958 bis 1974, ab dem Mutterschutz für das dritte Kind bis zu dem Zeitpunkt, als das vierte zwölf Jahre wurde. Neben Brüten, Nähren und Lehren hat Gertrud Rosemann Puppen und dazugehöriges Spielzeug gesammelt, sich in die Fachliteratur eingelesen, diverse Ausstellungen in Museen und Banken erstellt und im Dreieich-Museum einen Raum bestückt und ständig betreut.

Von 1976 an hat sie die Installierung des Museums in Wilhelmsbad betrieben. Ihren Ideen folgen 1981 die Stadtverordneten von Hanau mit einem Beschluss, im ersten Stock der historischen Kuranlage gemeinsam mit dem Land Hessen zur Finanzierung der Einrichtung und der laufenden Kosten eines Puppenmuseums beizutragen, während die Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten in Hessen die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt und Rosemann ihre beachtliche Sammlung einbringt.

Basierend auf einem Konzept, das sowohl dem kulturhistorischen und wissenschaftlichen, als auch einem zeitgemäßen didaktischen Anspruch gerecht wird, entsteht ein "Museum für alle". Ehrenamtlichkeit ist das Fundament, denn der tägliche Museumsdienst wird von 30 Assistentinnen garantiert, für besondere Aufgaben stehen weitere 20 Helferinnen und Helfer zur Verfügung, darunter Designer, Fotografen, Innenarchitekten, EDV-Berater, Restauratorinnen und Puppenspieler.

Der Bestand reicht von antiken Terrakotta-Figuren bis zum Playmobil-Männchen und der gestylten Barbie, einen besonderen Schwerpunkt bilden Puppen aus Japan.

Aufbau und Pflege der Beziehungen zur Stadt und Provinz Tottori/Japan gipfeln in der Verschwisterung des Hessischen Puppenmuseums mit dem internationalen Spielzeugmuseum "Warabe-kan". Weitere Attraktionen sind Sonderausstellungen, in denen auch Randbereiche thematisiert werden, das Spektrum reicht von der Märchenfigur bis zum Dummie.

1995 dann die Gründung des Arbeitskreises Museumspädagogik im Hessischen Museumsverband, indem sie heute noch aktiv ist.

Außer dem Kulturpreis 1988 erhält Gertrud Rosemann für ihre Verdienste den Hessischen Landesehrenbrief 1996, die Goldene Ehrenplakette der Stadt Hanau 1997, die Verdienstmedaille des Verdienstordens der BRD 1997, die Ehrenurkunde für Kunst und Kultur des Hess. Ministeriums für Wissenschaft und Kunst 2001, die Bürgerplakette der Stadt Hanau 2002 und den Deutsch-Japanischen Freundschaftspreis 2011.